Im Herbst sperrt ein neuer Feierabend samt Restaurant im siebenten Bezirk auf. Dort wird es neben herrlichem Brot und Gebäck auch frischeste Kräuter und Gemüse geben – ganz in der Nähe angebaut, aber inspiriert von einer Idee vom anderen Ende der Welt.
TEXT TOBIAS MÜLLER | FOTOS LUKAS LORENZ, CAROLINE STRÖCK
Wenn Sie derzeit den Ströck-Feierabend besuchen, kann es passieren, dass Sie den besten Salat seit sehr langer Zeit genießen dürfen. Oder die besten Radieschen. Oder den knackigsten Rhabarber. Mit der warmen Jahreszeit hat nämlich auch die Saison in unserem Feierabend-Garten in Wien-Aspern wieder begonnen, wo wir das Gemüse für die Feierabend-Küche selbst anbauen. Dort werken seit ein paar Monaten zwei junge, motivierte Leute, die einiges anders machen wollen.
Seit heuer haben Johanna Simek und Jakob Watzek die Leitung des Gemüsegartens übernommen. Sie hat ihr Handwerk in der Gärtnerei Ganger gelernt, ganz nah vom Feierabend-Garten, er im Botanischen Garten in Wien. Für ihre neue Aufgabe haben sie sich Inspiration von ganz weither geholt, und zwar vom anderen Ende der Welt.
Die beiden bewirtschaften den Feierabend-Garten nun nach dem Vorbild der Permakultur, einem Landwirtschaftssystem, das zuerst in Australien entstanden ist. Die wichtigste Idee dahinter: dem Boden mehr zurückgeben, als man ihm nimmt, und damit die Natur durch Landwirtschaft nicht ausbeuten, sondern, im Gegenteil, bereichern.
Johanna Simek und Jakob Watzek bewirtschaften seit heuer den Feierabend-
Garten nach dem Vorbild der Permakultur.
Dafür bedienen sich Permakulturgärtner einer Reihe teilweise sehr alter Methoden: Sie arbeiten kleinteilig, mit viel Handarbeit und Vielfalt statt mit Monokultur, sowohl bei den angebauten Pflanzen als auch bei den Tieren und Mikroorganismen im Garten. Kunstdünger und Pestizide gibt es nicht.
Ihr wichtigstes Instrument – die Idee, die der Permakultur ihren Namen gibt – aber ist es, tatsächlich das ganze Jahr über etwas anzubauen. Nicht nur im Sommer, wenn die Paradeiser, Melanzani und Melonen Hochsaison haben, sprießt und gedeiht es daher im Feierabend-Garten, sondern zu jeder Jahreszeit. Im frühen Frühjahr schießen bereits die ersten Asiasalate aus dem Boden, etwas später kommt Gemüse wie Radieschen und Rhabarber hinzu, und im Herbst stehen noch bis in den Frost hinein Kohl und Kraut auf dem Feld.
IM FEIERABEND-GARTEN WIRD GANZJÄHRIG ANGEBAUT – AUCH IM WINTER LIEGEN DIE BEETE NICHT BRACH.
Junges Gemüse im alten Gemäuer
Selbst im Winter, wenn wenig wächst, werden widerstandsfähige Pflanzen wie Klee oder Luzerne angebaut. Damit ist der Boden einerseits stets bedeckt, was ihn gegen Erosion schützt, andererseits reichern viele dieser Pflanzen Stickstoff in der Erde an. Das düngt den Acker, ganz ohne Kunstdünger. Permakultur ist nicht nur nachhaltig, sondern, wenn man es richtig macht, auch äußerst produktiv – in kleinen Betrieben lässt sich so mehr ernten als mit konventionellen Methoden.
Produktiv und nachhaltig muss der Anbau für Ströck auch sein. Denn wir werden künftig deutlich mehr gartenfrische Kräuter und Gemüse brauchen als bisher: Die Feierabend-Familie bekommt nämlich schon wieder Nachwuchs.
Im Herbst sperrt an der Ecke Burggasse und Neubaugasse, im Herzen des siebenten Bezirks, eine weitere Feierabend-Filiale auf. Derzeit laufen die Umbauarbeiten noch: Das Geschäft ist nämlich ein besonders schönes Lokal, mit prächtigen Gewölbedecken und alten Fliesen, von denen wir möglichst viel erhalten wollen. Ab voraussichtlich Sommer 2022 wird es hier zum Frühstück und Mittagessen all die Schätze zu kosten geben, die Johanna und Jakob nur etwa 15 Kilometer entfernt angebaut haben. Das ist eine Frische, wie es sie sonst nicht oft gibt in der Stadt.
Die neue Feierabendfiliale an der Ecke Burggasse und Neubaugasse wird derzeit noch liebevoll renoviert – alte, originale Fliesen und Parkettböden inklusive.