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50 Shades of Wheat

50 Shades of Wheat

Faszination Weizen.

Weil Weizen nicht gleich Weizen ist: In enger Zusammenarbeit mit einem innovativen Landwirt hat Ströck das Experiment unternommen, verschiedene Weizensorten unter identen Bedingungen anzubauen, zu vermahlen und daraus Brot zu backen. Das Ergebnis war ebenso verblüffend wie wohlschmeckend – und kommt noch heuer in ausgewählte Filialen. 

Text von Thomas Weber & Fotos von Lukas Lorenz 

Titelbild: Biobauer Nikodemus Colloredo-Mannsfeld (rechts) von der Naturverwaltung Colloredo-Mannsfeld hat für Ströck verschiedene Weizenarten unter völlig identen Bedingungen angebaut, Ströck-Entwicklungsbäcker Pierre Reboul (links) buk in sich ganz homogenes, aber sehr verschiedenes Brot daraus.

Alessio

Struktur und fester Biss

Von allen Testweizenbroten überzeugt die Sorte Alessio allein mit dem Teigvolumen – und erst recht frisch aus dem Steinofen mit der besten Struktur. Auf
zehn Hektar wächst Alessio bereits. Ab Spätsommer ist er sortenrein in Brotform in ausgewählten Ströck-Filialen zu haben.

Pierre Reboul schwärmt zwar für Brot, aber er ist kein Romantiker. Er sagt: „90 Prozent der Leute, die im Backgewerbe arbeiten, denken keine Minute darüber nach, woher ihr Rohstoff eigentlich kommt.“ Wir sprechen über Getreide – in der Alten Mischerei der Bäckerei Ströck. Mit der Fingerfertigkeit eines Masseurs legt und faltet Pierre den Teig in Brotform, sodass dieser später – nach 30 Minuten in der Gärkammer und noch einmal 16 Stunden im Kühlraum – im Steinofen eine optimale Kruste bildet. Sauna, Ruhekammer, viermaliger Aufguss im Backofen bei 250 Grad; das bedeutet Wellness fürs Brot und bringt später einen guten Biss und einen unglaublichen Geschmack auf dem Gaumen.

Pierre selbst stammt aus Frankreich, ist gelernter Pâtissier und lebt seit mehr als zehn Jahren in Österreich. Von Natur aus neugierig und getragen vom Fortschrittswillen des Familienbetriebs, stellt er so etwas wie die personifizierte Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Ströck dar.

Vor einigen Jahren schon haben sich Pierre Reboul und Christoph Ströck während einer Forschungsreise in die USA am Bread Lab der Washington State University von dessen Leiter Stephen Jones inspirieren lassen. „Sein ganzheitlicher Blick aufs Brot hat uns verführt, die Dinge selbst auch anders zu sehen“, erzählt er. Weil sich Brot in Österreich aber nicht eins zu eins wie an der Westküste der USA oder in Frankreich backen und verkaufen lasse, begannen sie zu experimentieren – auf Basis der eigenen, lokalen Tradition.

Capo

Animierende Säure, perfekte Kruste

Capo überzeugt beim Testbacken mit perfekter
Kruste und angenehmsäuerlichem Innenleben. „Von einem begnadeten Pflanzenzüchter für das Weinviertel gezüchtet, sorgt Capo wie keine andere Sorte schon seit 28 Jahren für gesundes Korn und Ertragssicherheit,“ sagt Biobauer Nikodemus Colloredo Mannsfeld

Trip in die USA

Und die besagt: 90 Prozent aller Mehle sind Mischungen verschiedener Sorten ein und derselben Getreideart. Für Roggenmehl werden verschiedene Roggensorten kombiniert, für Weizen unterschiedlichste Weizensorten. Nach ihrem Trip in die USA begannen Christoph und Pierre, das zu hinterfragen: Was, wenn sie ein Brot backen könnten, das aus nur einer Getreideart bestünde? Bei dem man ganz wie bei einer guten Flasche Wein die Herkunft und das Terroir schmecken könnte? Was anfangs noch ein Gedankenexperiment war – Single Origin Bread, also sortenreines Brot, gebacken aus dem Mehl einer einzigen Weizensorte – nahm rasch größere Dimensionen an.

2017 schließlich landete man, begleitet von der Universität für Bodenkultur, auf dem Acker. In Nikodemus Colloredo-Mannsfeld, einem innovationsfreudigen Bauern im niederösterreichischen Sierndorf, fanden sie einen Gleichgesinnten, der die Grundbedingungen für den Feldversuch gewährleisten konnte und wollte. Auf vier Hektar wurden unter vollkommen gleichen Bedingungen unterschiedliche Weizensorten angebaut. „Solche, die uns schon in den USA begeistert hatten, aber auch solche, für die uns die klimatischen Bedingungen im Osten Österreichs besonders geeignet erschienen“, sagt Pierre.

Vieles dabei wäre komplett neu gewesen. „Auch die Frage, wie du als Bäcker am besten eine Kooperation mit einem Bauern beginnst. Das steht ja nirgendwo geschrieben und muss auch erst einmal gelernt werden“, erinnert sich Reboul. Der Feldversuch war jedenfalls erfolgreich. Mehrere Weizensorten – Arnold, Tobias, Laurenzio, Capo, Renan und Alessio – haben nicht nur auf dem Acker, sondern auch beim Mahlen, bei der Backperformance und vor allem beim Geschmack voll und ganz überzeugt. Für die Saison 2018 wurden fürs Erste Alessio und Renan im großen Stil ausgesät. Im Juli soll geerntet werden. Schon Ende August oder Anfang September wird es die Single Origin Breads dieser Sorten in ausgewählten Ströck-Filialen zu kaufen geben.

Tobias

Proteinriegel in Brotform

Besonders beliebt im Biolandbau ist die Hochproteinsorte Tobias. Beste
Backeigenschaften verhelfen auch im Test von Griffig&Glatt zu voller Struktur und fester Kruste.

Wege aus der Anonymität

Pierre Reboul weiß heute ganz genau, woher das Mehl und das Getreide kommen, das von ihm selbst und unter seiner Obhut veredelt wird. Das ist für Bäcker ebenso wenig selbstverständlich wie es für Bauern üblich wäre zu wissen, was mit ihrer Frucht passiert, nachdem sie die Ernte eingefahren und verkauft haben. In vielen Fällen wird einfach an Genossenschaften geliefert, werden Wagenladungen anonym an Börsen gehandelt. Ein Zugang, der vor allem Biobauern selten behagt. Auch, weil sie dadurch zu völlig austauschbaren Produzenten werden.

„Wie viele andere auch suche ich nach Wegen aus der Anonymität in der Vermarktung meiner Ware“, sagt Nikodemus Colloredo-Mannsfeld. Der Niederösterreicher weiß genau, wovon er spricht. Bevor er 2012 den Betrieb vom Vater übernommen hatte, machte er nach einem landwirtschaftlichen Studium 14 Jahre lang Karriere im Big Business – im Marketing und Sales bei Nestlé. Heute begeistert ihn die Vielfalt seines bereits 2001 vom Vater Rudolf auf biologische Wirtschaftsweise umgestellten Betriebs. Da alle Flächen zusammenhängen, seien alle 400 Hektar durchaus als ganzheitliches „Biogebiet“ zu sehen: Neben den Feldern – auf denen neben Weizen, Emmer, Einkorn und Gerste auch Soja, Kartoffel, Gewürze und Leguminosen wachsen – gehören auch Hecken, Alleen, die Jagd und andere Kulturgüter dazu. Vielfalt eben.

„In der Zusammenarbeit mit Pierre Reboul und Ströck beginne ich auch die Vielfalt meines Weizens zu verstehen“, gesteht Colloredo-Mannsfeld, „und wie viel Know-how in einem Laib Brot steckt.“ Vorerst kümmert er sich noch selbst ums Korn. Nachdem es Pierre Reboul in seinen Fingern hatte, spätestens zu Erntedank, wird er die Vielfalt seiner Felder auch bei Tisch voll auskosten können.

Laurenzio

Voluminös und zaghaft säuerlich

Gern angebaut, weil „ein Meister der Proteineffizienz“, so die Sortenbeschreibung der Probstdorfer Saatzucht, wird der
Laurenzio-Weizen. Überzeugend in der Struktur, voluminös, nur zaghaft
säuerlich erweist er sich in unserem Backtest.

Arnold

Testsieger beim Volumen

Der Name Arnold ist eine eindeutige Anspielung an die kräftigsten Jahre von Arnold Schwarzenegger. Denn proteinreicher als diese Sorte ist kaum ein anderer Weizen. Im Backtest klarer
Sieger beim Volumen. Wunderbarer Biss.