Weizen aus konventionellem Anbau bringt bis zu doppelt so viel Ertrag, dafür ist Bioweizen widerstandsfähiger und unterstützt die Biodiversität und Bodenqualität. Ein Vergleich.
Die Sorten
Die im Bioackerbau gängigen, jedoch allesamt eher langhalmigen Sorten sind zwar oft weniger ertragreich, dafür meist gesünder und weniger anfällig für Mehltau oder Rostkrankheiten. Vielerorts ist der Biolandbau zwar noch auf dem Weg zu einer regionalen, standortangepassten Züchtung von Sorten, die optimal an den Systemansatz des Biolandbaus angepasst sind und gleichzeitig gute ernährungsphysiologische Qualität liefern. Doch: „Mit dem Kauf und Anbau von Sorten aus Biozüchtung kann jeder Biolandwirt zur Förderung einer effizienten Biopflanzenzüchtung beitragen“, propagieren die Autoren der großangelegten „Bionet“-Studie, für die zwischen 2006 und 2012 auf 16 Betrieben im Feldversuch der Bioweizenanbau in Niederösterreich und im Burgenland untersucht wurde.
Der Umgang mit Schädlingen
(und Nützlingen)
Biolandbau verzichtet im Kampf gegen Schädlinge auch beim Getreideanbau auf synthetische Pestizide. Vorbeugend setzen sich Biobauern bewusst dafür ein, die Lebensbedingungen für Nützlinge zu verbessern und diese als Mitstreiter zu fördern. Brisant: Seit der Wirtschaftskrise 2008 hat die synthetische „Pflanzenschutz“-Industrie ihr Marketing forciert. Und da vor allem Insektizide verhältnismäßig günstig sind (20 bis 25 Euro pro Hektar), kommen sie im konventionellen Ackerbau seither verstärkt zum Einsatz. Vielerorts ist das der Grund für den massiven Rückgang an Insekten (und damit auch Vögeln). Biolandwirtschaft steht für das exakte Gegenteil.
Die Düngung
„Offiziell kann ein Bauer binnen zwei Jahren auf Bio umstellen. Bis sich sein Boden aber wirklich auf Bioackerbau umgestellt hat, braucht es fünf bis sieben Jahre“, schätzt Bauer Heymann. Konventioneller Ackerboden ist durch den regelmäßigen Eintrag schnelllöslicher Stickstoffe verwöhnt. „Das ist ganz so, als ob wir selbst dauernd Anabolika und Eiweiß löffeln würden“, erklärt der Weinviertler Bauer. „Die Pflanzen sehen unnatürlich dunkelgrün aus – und sie sind sehr anfällig für Krankheiten, gegen die dann wieder gespritzt werden muss.“ Doch das ist bei weitem nicht das einzige Problem: „Nach einer Studie im Auftrag von Foodwatch entstehen für ein Kilogramm Bioweizen 60 Prozent weniger Treibhausgase als für ein konventionell erzeugtes Weizenkilo“, schreibt Udo Pini in seinem Bio-Food Handbuch . Treibender Faktor in der konventionellen Landwirtschaft sind unter anderem Düngemittel, die mittels Haber-Bosch-Verfahren aus fossilen Energiequellen gewonnen werden. Um den Boden biokompatibel mit Stickstoff zu versorgen, braucht es Gülle und Tiermist. Viehlose Betriebe helfen sich mit Mulchen, Vorfrüchten (wie der Luzerne oder dem Klee, der Stickstoff im Boden speichert) und der komplexen Fruchtfolge. Sie ist auch unabdingbar, um im Weizen einen Proteinanteil von mehr als zwölf Prozent – und damit einen guten Preis zu erzielen.
Das Unkraut
Da störende Pflanzen im Wettstreit um Wasser, Nährstoffe und Licht im Biolandbau nicht einfach mit Herbiziden weggespritzt werden können, muss mit Bedacht vorgebeugt werden. Einerseits ist die Fruchtfolge wichtig. Andererseits wird Unkraut mechanisch bekämpft. „Durch langsames, feines Striegeln mit einer Art riesigem Rechen gelingt es uns, Unkräuter im frühen Keimstadium zu zerstören“, berichtet Josef Heymann, Biobauer im niederösterreichischen Dörfles. Der Vorteil des Striegelns: Es mobilisiert auch den Boden, bringt ein wenig Stickstoff ein – und kommt damit einer sachten Düngung gleich.
Auch sogenannte Untersaaten dienen der Unterdrückung des Unkrauts. Wenn die Weizenpflanzen bereits groß genug sind, können zwischendurch beispielsweise Rotklee oder Gras-Klee-Mischungen angebaut werden. Ihr Vorteil: Nach der Getreideernte können diese als Tierfutter gemäht werden. Wegen der möglichen Konkurrenz (Wasser, Nährstoffe) zwischen Weizen und Untersaat müssen Vor- und Nachteile jedoch sorgfältig abgewogen werden.
Weniger Ertrag, höherer Preis
Biobauern erwirtschaften durchschnittlich 50 Prozent der Erträge von konventionellen Weizenbauern. Das ist der Hauptgrund, warum Vertreter des konventionellen Ackerbaus skeptisch bleiben bei der Frage, welche Rolle Bio bei der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung spielen wird. „In einem reichen Land wie Österreich kann man sich die geringeren Erträge und höheren Preise leisten“, meint Hans-Peter Kaul, Nutzpflanzenwissenschafter an der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku). Doch auch wenn – nicht zuletzt in Österreich – verhältnismäßig wenig Geld in die Bioforschung gesteckt wird: Auch die Züchtung von für den Bioanbau besonders geeigneten Sorten schreitet voran. In klimatisch günstigen Lagen wie dem Marchfeld kommen Biobauern bereits auf 65 bis 70 Prozent der Erträge ihrer konventionellen Kollegen. Und in schwierigen Jahren wie in dem trockenen Sommer 2017 waren alteingesessene Biobetriebe, die seit Jahrzehnten auf Bodenleben und durchdachte Fruchtfolge setzen, mancherorts sogar ertrag- und erfolgreicher als konventionelle Betriebe mit Beregnungsanlagen. Geringerer Ertrag bedingt höhere Preise, das bedingt die Logik auch für Biobauern und ihren hochwertigen Qualitätsweizen. Die Rechnung ist dementsprechend einfach: „Biomehl kostet ungefähr das Doppelte wie konventionelles Mehl – wenn beides aus Österreich kommt“, so Bäckermeister Philipp Ströck.