So üppig-köstlich, so flaumig leicht, und nur mit Sauerteig vergoren: Einen guten Panettone zu backen ist eine der größten Herausforderungen, denen sich ein Bäcker stellen kann. Wir verraten Ihnen, wie das Weihnachtswunder bei Ströck gelingt – inklusive Kopfüber-Aufhängens!
TEXT: TOBIAS MÜLLER | FOTOS: LUKAS LORENZ
Hummeln, so geht ein hartnäckiges Gerücht, können laut den Gesetzen der Aerodynamik gar nicht fliegen. Weil sie diese aber nicht kennen, tun sie es trotzdem. Etwas Ähnliches könnte man auch über den Panettone behaupten: Nach allem, was wir über Teige wissen, ist es unmöglich, einen so üppigen Kuchen ganz ohne Bäckerhefe so luftig-leicht zu backen. Kein Wunder, dass er in seiner Heimat Italien als größte Herausforderung und Meisterstück eines jeden Bäckers gilt – und jedes Jahr heiß diskutiert wird, wer denn nun den besten Panettone des Landes bäckt.
Der italienische Weihnachtskuchen ist nämlich so etwas wie die Quadratur des Kreises: ein wollüstiger Sauerteigkuchen. Wie es sich für einen ordentlichen Festtagskuchen gehört, ist der Panettone voll von vorzüglichen Dingen wie Butter und Eiern, Schokolade, Nüssen und kandierten Früchten. Die sind zwar köstlich, machen es aber schwer, den Teig aufgehen zu lassen. Traditionell darf trotzdem keine Hefe zugesetzt werden, um ihn aufgehen zu lassen – das Wunder muss vom Sauerteig allein vollbracht werden.
Damit dieses Wunder gelingt, sind viel Wissen, Handarbeit, Fingerspitzengefühl und ein paar spezielle Tricks vonnöten. Bäckermeister Gerhard Ströck und Ströck-Entwicklungsbäcker Pierre Reboul sind vor ein paar Jahren eigens nach Norditalien gereist, der Heimat des Panettone, um in einer Turiner Bäckerei die Kunst des Sauerteigkuchenbackens aus erster Hand zu lernen. Mehrere Tage (und Nächte) haben sie in der Backstube verbracht. „Ich habe mir damit einen professionellen Traum erfüllt“, sagt Reboul. „Beim Panettonemachen steckt einfach so viel dahinter, das ist aufregend für einen Bäcker!“
Zwar gibt es durchaus Menschen, die Panettone auch zu Hause backen – jedoch braucht es jahrelange Übung, bis das gut gelingt. Wenn Sie nicht so lange warten wollen: Ab 1. 12. 2021 gibt es unseren Panettone in allen Ströck-Filialen. Auf den folgenden Seiten zeigen wir Ihnen schon einmal, wie er entsteht.
Der richtige Sauerteig
Zunächst braucht es einen Sauerteig, und zwar einen richtig starken. Wir füttern und erneuern den unsrigen täglich über mehrere Tage, um ihn fit zu machen für den Panettone. Dann wird er trainiert: Der Sauerteig wird mit allen Zutaten gefüttert, die später in den Panettone kommen, allerdings nur in kleinen Mengen.
Das hilft den Hefen im Teig zu lernen, mit all der Butter, dem Zucker und den kandierten Früchten umzugehen. Würden wir alles auf einmal in den Teig mischen, wären sie schlicht überfordert und würden eingehen. Wer es ganz genau wissen will: Der osmotische Druck würde die Hefen umbringen.
Der angereicherte Teig darf nun das erste Mal gären und rasten, und zwar etwa einen halben Tag bei etwas über 20 Grad.
Kraftnahrung
Ist der Sauerteig einmal trainiert, braucht er ordentlich Kraftnahrung: Wir füttern ihn mit Mehl aus Italien, das besonders viel und besonders gutes Gluten enthält – sozusagen eine Art Kraftnahrung, damit er die folgende Aufgabe gut stemmen kann.
In der Ruhe liegt die Kraft
Jetzt wird geknetet, und zwar ganz langsam, während wir nach und nach all die köstlichen Zutaten zugeben – die restliche Butter, die Eier, den Zucker und Feinheiten wie kandierte Früchte, Schokolade, Nüsse oder Orangenhonig.
Wir geben immer gerade so viel hinein, dass der Teig seine (elastischen) Grenzen nicht überschreitet, dann kneten wir ihn wieder, lassen ihn wieder elastisch werden und geben ein bisschen mehr Köstlichkeiten zu – so lange, bis alles eingearbeitet ist. Dann darf er sich eine Stunde erholen und gären.
Nass schleifen
Nun geht es ans Schleifen, wie der Bäcker sagt: Der Teig wird geteilt und in Form gebracht. Weil er so fragil und feucht ist, geschieht das auf einer nassen Arbeitsfläche und mit nassen Händen. Nur so schaffen wir es, ihn zu bearbeiten, ohne dass er klebt.
Damit er nicht gleich wieder davonrinnt, setzen wir ihn danach in die typischen Formen. Nach weiteren zwei bis fünf Stunden Gärung – je nach Teig und Wetter – wird er dann noch mit Mandeln und Zucker bestreut und mit Eiweiß bestrichen.
Hängt ihn höher!
Beim Backen müssen wir aufpassen wie die Haftelmacher: Wenn der Kuchen wunderbar aufgegangen ist und eine Kerntemperatur von genau 92 Grad erreicht hat, holen wir den Panettone aus dem Ofen und hängen ihn zwischen zwei Stangen auf – und zwar kopfüber.
Sonst fiele er, solange er noch warm ist, unter seinem eigenen Gewicht zusammen wie ein Soufflé. Erst wenn er ausgekühlt und damit stabiler ist, drehen wir ihn wieder um und verpacken ihn.
Zeit zum Genießen
Jetzt kommen Sie ins Spiel: Der Panettone muss
würdig genossen werden. Pierre Reboul empfiehlt, ihn entweder ganz frisch aus dem Ofen zu essen, was eher schwierig wird für alle, die ihn nicht selbst gebacken haben, oder aber zwei, drei Tage, nachdem er gebacken wurde: Dann haben all die köstlichen Aromen Zeit gehabt, durch den Teig zu ziehen und ihn so unvergleichlich köstlich und saftig zu machen. Achtung: macht süchtig!